Co-Teaching - Lehre gemeinsam entwickeln
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Was ist Co-Teaching?
Co-Teaching ist eine Einladung an Lehrende der HTW Berlin, Gender und Diversity themenspezifisch in eigene Veranstaltungen zu integrieren. Unser Angebot: Wir besuchen Ihre Lehrveranstaltung und gestalten eine Sitzung gemeinsam mit Ihnen. Indem beide Seiten ihre Expertise einbringen, können ausgewählte fachbezogene Aspekte von Gender und Diversity vermittelt werden. Unseren Input gestalten wir themenspezifisch und nach Absprache. Dabei kombinieren wir Elemente des Gender- und Diversity-Trainings mit der Vermittlung von Grundlagenwissen zu Gender und Diversity als wissenschaftliche Kategorien und Reflexions- und Anwendungsaufgaben für die Studierenden. Co-Teachings sind in allen Fächern sinnvoll und möglich . Wir freuen uns auf eine Einladung in Ihren Kurs! Bei Interesse und Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Jette Hausotter.
Interview: Co-Teaching in der VWL
In ihren Lehrveranstaltungen integriert sie Co-Teachings zu Gender und Diversity und sorgt damit für Überraschungsmomente: Romy Morana, Professorin im Studiengang Umweltinformatik, unterrichtet VWL und BWL, Umweltmanagement und betrieblichen Umweltschutz.
Frau Morana, wie muss man sich das Co-Teaching vorstellen?
Ich lade mir zwei kompetente Menschen ein, die in Gender- und Diversity-Fragen mehr Ahnung haben und das besser und lebendiger erklären können als ich. Das sind in der Regel wissenschaftliche Mitarbeiterinnen der HTW Berlin, die im Projekt „Gender in die Lehre“ arbeiten oder im Ökonominnennetzwerk efas aktiv sind. Das Gender Training hänge ich thematisch an einem Thema meiner Lehrveranstaltung auf. In meinem VWL-Einführungsseminar behandeln wir z.B. das Bruttoinlandsprodukt und die Einkommensverteilung. Daran lassen sich sehr gut Fragen zu Gender und Diversity anknüpfen, z.B. nach dem Gender Pay Gap (Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern) oder unbezahlter Hausarbeit.
Warum thematisieren Sie Gender und Diversity in der VWL? Was ist Ihre Motivation?
Ich bin nebenberufliche Frauenbeauftragte in meinem Fachbereich und wurde von einer Mitarbeiterin aus dem Projekt „Gender in die Lehre“ angesprochen, ob ich jemanden kenne, bei dem man das machen könnte. Ich dachte, dass das thematisch in meiner Veranstaltung sehr gut passt. Wobei ich denke, dass man in jedem Fach einen Aufhänger findet, um das Thema anzudocken.
Wie läuft so eine Veranstaltung ab?
Zu Beginn gibt es eine Übung zum Einstieg, in der sich die Studierenden zu verschiedenen Aussagen positionieren sollen. Es folgt ein Input zu Gender, Diversity in der VWL und ein Quiz mit Fragen wie „Wieviel Prozent der Frauen arbeiten in Teilzeit?“ oder „Wie viele Väter gehen in Elternzeit?“ Ich finde es erschreckend, dass 58 Prozent der erwerbstätigen Frauen, aber nur 20 Prozent der erwerbstätigen Männer in Teilzeit arbeiten (IAB 2014). Der Anteil der Männer, die in Elternzeit gehen, ist zwar leicht gestiegen, aber Pflege wird nach wie vor von Frauen übernommen. Diese Dinge haben Auswirkungen auf das Einkommen und die Rente und sind relevante Fragestellungen in der VWL. In der anschließenden Gruppenarbeit fragen wir die Studierenden, wie sie die Geschlechterverhältnisse in unserer Gesellschaft beurteilen und welchen Veränderungsbedarf sie sehen. Die Studierenden haben z.B. Strategien entwickelt, wie man die Löhne zwischen Männern und Frauen angleichen kann. Sie haben festgestellt, dass man in der KiTa und der Schule anfangen muss, um Geschlechterrollen zu verändern. Die Studierenden entwickeln richtig gute Sachen, das macht mir Spaß.
Wie reagieren die Studierenden auf das Thema „Gender und Diversity“?
Die Studierenden sind zu Beginn überrascht und brauchen die erste halbe Stunde, bis sie sich darauf einlassen. Manche haben keine Lust auf das Thema und würden vermutlich nicht kommen. Aber ich möchte, dass alle kommen und diskutieren. Ich kündige das Thema am Anfang des Semesters zwar an, aber ohne genaues Datum und außerdem ist es klausurrelevant. Ich dachte vor dem ersten Co-Teaching, dass diese Generation für das Thema sowieso schon sensibilisiert ist und war dann überrascht, dass manche Studierende immer noch sehr konservative Haltungen haben. Ich will die Leute nicht zu irgendwas bekehren. Aber ich möchte aber dazu beitragen, dass sie darüber nachdenken und dass sie merken, dass es in ihrer Generation immer noch sehr konservative Ansichten gibt, was Arbeitsteilung u.a. angeht. Es gibt gefühlt 5 bis 10 Prozent, die total dagegen sind, das hängt auch von Meinungsführer*innen ab. Aber der Großteil ist offen und geht auch in die Offensive zu den Kritiker*innen. Die Studierenden finden es auch gut, dass wir uns mit Gegenpositionen auseinandersetzen und eine Streitkultur entwickeln. Wir bekommen von einigen Studierenden sehr gutes Feedback und manche belegen in Folge ein ganztägiges Gender- und Diversity-Training für Studierende an der HTW Berlin.
Wie ist es für Sie, im Co-Teaching zu unterrichten?
Ich bin froh, dass ich mich beim Co-Teaching ein bisschen zurücknehmen kann. Ich bin nicht so trainiert, mit bestimmten Antworten umzugehen, wie eine erfahrene Gender-Trainerin. Ich mache aktiv mit, damit die Studierenden keine Scheu haben. Außerdem bekomme ich neuen Input, manche Quizfragen kann ich selbst nicht beantworten. Ich diskutiere gerne mit den Studierenden.
Bekommen Sie Widerstände von Ihren Kolleg*innen? Wie gehen Sie damit um?
Man kann die Leute nur überzeugen, wenn sie wissen, was wir da tun. Also habe ich ein paar Kolleg*innen angesprochen, ob sie nicht Lust haben, mal mitzumachen. Darunter war auch ein Kollege, der eher kritisch, aber neugierig ist. Es geht immer hoch her beim Thema „Gender“ und mir sind Diskussionen wichtig. Ich möchte meinen Studierenden zeigen, dass man auch unterschiedlicher Meinung sein und sich trotzdem friedlich miteinander auseinandersetzen kann. Das zu üben, ist auch ein Teil der Veranstaltung.