Studierende aktivieren
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Gute Lehre aktiviert die Studierenden zum intensiven Mitdenken und aktiver Teilnahme am Lehrgeschehen. Statt den Lernstoff lediglich passiv zu rezipieren sollen die Studierenden selbst zum vertiefenden Nachdenken und gegenseitigen Austausch angeregt werden. So setzen Sie sich bereits im Semesterverlauf aktiv mit dem Lernstoff auseinander und nicht erst, oftmals nur kurzfristig und oberflächlich, während der Prüfungsvorbereitung. Gerade bei der Online-Lehre kann schnell das Gefühl entstehen in einen echolosen virtuellen Raum zu sprechen ohne die Studierenden zu sehen oder zu hören. Um dies zu verhindern sollten Sie bereits bei der Konzeption Ihrer Lehrveranstaltung aktivierende Methoden mit einplanen.
Warum sollte ich aktivierende Methoden in meiner Lehre einsetzen?
Die aktive Beteiligung von Studierenden an der Lehrveranstaltung schafft Abwechslung, regt zum Nachdenken an und fördert die Kreativität und den Austausch untereinander. Beziehen Sie Ihre Studierenden möglichst früh aktiv mit ein, z. B. durch gegenseitiges Kennenlernen in der ersten Sitzung. So können sie sich an das Lehrkonzept gewöhnen und verlieren die Scheu vor der Beteiligung. Die Aktivierung Ihrer Studierenden bietet die folgenden lernförderlichen Vorteile:
- Das eigene Einbringen von Wissen, Erfahrungen und Ideen steigert die Motivation und das Engagement der Studierenden.
- Durch eine aktive Teilnahme Ihrer Studierenden erhalten sowohl Sie als Lehrende eine bessere Rückmeldung über den Wissensstand der Studierenden, als auch diese selbst haben die Möglichkeit Ihnen direktes Feedback zu geben.
- Die Studierenden erhalten ein Bewusstsein über Ihren Wissensstand und Ihre Fortschritte sowie auch Ihre Wissenslücken. Durch diese bewusste Wahrnehmung kann das Selbststudium bereits während des Semesters optimal angepasst werden.
- Die Studierenden werden zur Erkundung eigener Konzepte, Einstellungen und Werte ermutigt.
- Durch den Austausch mit anderen lernen die Studierenden verschiedene Perspektiven kennen und setzen sich intensiv und reflexiv mit dem Lerngegenstand sowie mit ihren sozialen Kompetenzen auseinander.
Wie kann ich aktivierende Methoden in meiner Lehre umsetzen?
Wie kann die Aufmerksamkeitsspanne von Studierenden beim Lernen verlängert werden?
Lernen ohne Aufmerksamkeit ist nicht möglich. Nur wenn das Arbeitsgedächtnis aufgenommene Reize aktiv verarbeitet, können sie auch im Langzeitgedächtnis gespeichert werden. Andernfalls werden Reize, wie z. B. neue Lerninhalte, schnell ausgesiebt und ein nachhaltiger Lernerfolg ist nicht möglich. Die gute Nachricht ist: Für Sie als Lehrperson gibt es einige Stellschrauben, um die Aufmerksamkeitsspanne Ihrer Studierenden zu erhöhen und damit effektives Lernen zu fördern.
Stefano Montana stellt dazu beispielsweise auf den Seiten des Hochschulforums Digitalisierung acht Tipps vor, wie sich die Lernmotivation von Studierenden aktivieren lässt. Abgeleitet von den „Vier Säulen des Lernens“ nach Stanislas Dehaene (Dehaene, 2021) formuliert er die folgenden lernförderlichen Punkte:
- Verwenden Sie Eisbrecher-Fragen: Die Studierenden werden aktiviert, das soziale Miteinander wird gefördert und die Gesprächsthemen können ganz vielseitig gestaltet werden.
- Wecken Sie die Neugierde der Studierenden: Persönliche Anekdoten, anschauliche Experimente oder konkrete Fragen können die Studierenden in ihrer Lebensrealität abholen und sie direkt in den Unterrichtsstoff einbinden.
- Beteiligen Sie die Studierenden regelmäßig an einer Aktivität: Passives Zuhören führt selten zu Lernerfolg. Die Studierenden sollten kontinuierlich in das Lehrgeschehen eingebunden werden und selbstständig Fragen, Themen oder Herausforderungen bearbeiten.
- Diversifizieren Sie die Aktivitäten: Verwenden Sie unterschiedliche Methoden und probieren Sie aus, welche für Ihre Lernenden die passenden sind. Eine vielseitige Übersicht verschiedener Methoden finden Sie z. B.im Methodenreader des BZHL oder in der Methodensammlung der Universität Düsseldorf [PDF].
- Steigern Sie die Beteiligung durch Anonymität: Die anonyme Beteiligung kann die Hemmschwelle bei den Studierenden senken und dadurch die Mitarbeit erhöhen. Nutzen Sie dafür z. B. Audience Response Systeme wie PINGO.
- Gestalten Sie Ihre Kurse spielerisch: Fordern Sie Ihre Studierenden aktiv auf sich spielerisch an Ihrem Kurs zu beteiligen. Nutzen Sie dafür z. B. Gamificationen-Elemente, Quizzes oder Escape-Rooms.
- Aktivieren Sie das Gedächtnis Ihrer Lernenden: Lassen Sie die Studierenden den Lernstoff immer wieder reflektieren, kontinuierlich wiederholen und in Bezug zu neuen Themen setzen.
- Holen Sie sich Feedback von den Studierenden ein: Umso besser Sie Ihre Studierenden kennen, umso passgenauer können Sie Ihre Lehre darauf ausrichten und die Studierenden aktiv mit einbinden. Eine Übersicht über geeignete Feedbackmethoden finden Sie z. B. in der Handreichung der Universität Duisburg-Essen.
Sie möchten noch mehr Ideen und Tipps? Dann empfehlen wir Ihnen einen Blick in die Broschüre „11 Prinzipien zum gehirngerechten Lehren und Lernen“ [PDF] von der Hochschule der Medien Stuttgart zu werfen. Dort werden oben genannte Aspekte noch erweitert, u.a. um die Themen Transparenz schaffen, Tiefenlernen ermöglichen, Pausen einlegen und individuelle Zugänge beachten.
Quellen:
11 Prinzipien zum gehirngerechten Lehren und Lernen (2014). Didaktikzentrum der Hochschule der Medien, Stuttgart. (Stand: 22.11.22)
Dehaene, Stanislas (2021). How we learn – The New Science of Education and the Brain. Penguin Books.
Montana, Stefano (2022), Hochschulforum Digitalisierung: Acht Tipps zur Verbesserung des Lernens von Studierenden in Lehrveranstaltungen. (Stand: 22.11.22)
LSC-Fokus-Tipps
#LSC-Fokus-Tipp 1: Rad der Zukunft
Eine aktive Beteiligung der Studierenden in Ihrer Lehrveranstaltung führt zu vertiefendem Lernen. Indem die Studierenden das erworbene Wissen auch anwenden und zum eigenen Denken angeregt werden, setzen Sie sich aktiv mit dem vermittelten Stoff auseinander. Und auch ein Verständnis über die Sinnhaftigkeit und der Bezug zur eigenen Lebensrealität sind dabei zwei wichtige Faktoren.
Also warum nicht gleich zu Semesterbeginn damit starten, die Studierenden dort abzuholen wo sie stehen und so eine gute Ausgangslage für ein aktives Semester zu schaffen? Wir stellen Ihnen eine Methode vor, die eine gute Grundlage bildet, Ihre Studierenden zu aktiv Gestaltenden ihres eigenen Lernprozesses zu machen.
So funktioniert die Methode:
Zum Start Ihrer Lehrveranstaltung erstellen alle Studierenden ein individuelles Rad der Zukunft. Ziel dabei ist es mögliche Verbindungen zwischen dem Lernstoff und zukünftigen Anforderungen bzw. der Lebensrealität der Lernenden herzustellen. Wo können sie die gelernten Inhalte später anwenden? Welche Vorteile ergeben sich für die Studierenden nach erfolgreichem Abschluss der Veranstaltung? Dazu erstellen die Studierenden eine Art Minpmap mit der direkte Anknüpfungspunkte an das Fach aber auch weitreichendere Auswirkungen visualisiert werden können. Dadurch, dass sich die Lernenden selbst Bezüge zu Ihrer eigenen Lebensrealität erarbeiten, starten Sie motivierter in die Lehrveranstaltung. Diese ist nicht mehr nur extern gesteuert, sondern enthält auch intrinsische Momente – eine wichtige Voraussetzung für eine aktive Beteiligung.
Mehr Informationen über das Rad der Zukunft und die Durchführung erhalten Sie in der Beschreibung von PatternPool.
#LSC-Fokus-Tipp 2: Spieleklassiker neu interpretiert
Sie erinnern sich noch an die Klassiker eines jeden Kindergeburtstags oder Familien-Spieleabends? Sehr gut, dann steht einer Anpassung für die Lehre ja nichts mehr im Weg. Der Vorteil bei klassischen Spielen ist oft, dass sie keiner langen Erklärung bedürfen, sondern vielen bekannt sind und so einfach und schnell als aktivierende Methode, z.B. zur Wiederholung und Festigung von Grundlagen, eingesetzt werden können. Wir stellen Ihnen hier ein paar Spiele vor, die Sie auch gut in Ihre Lehre integrieren können.
- 1. Tabu
Lassen Sie Ihre Studierenden z.B. am Ende einer Veranstaltung oder in der Mitte des Semesters jeweils eine Begriffskarte entwerfen. Sammeln Sie diese anschließend ein. Natürlich können Sie auch eigene Karten erstellen. Sie können nun z.B. am Anfang der nächsten Veranstaltung die Studierenden in zwei Gruppen aufteilen und die Begriffe wie beim klassischen Tabu erklären lassen
- 2. Reise nach Jerusalem
Dieses Spiel macht wach und kann ebenso für die Wiederholung von Fachbegriffen, Vokabeln oder Themenkomplexen genutzt werden. Es eignet sich eher für kleinere Gruppen. Die Studierenden laufen mit Musik um die aufgestellten Stühle. Stoppt die Musik, müssen sie sich einen Platz suchen. Wer keinen abbekommt, muss einen Zettel mit einer Frage zum Lernstoff ziehen und diese laut für alle beantworten. Die anderen Studierenden können natürlich unterstützen und ergänzen.
- 3. Wer bin ich? / Was bin ich?
Je nach Gruppengröße können Sie für dieses Spiel die Studierenden auch in kleinere Gruppen unterteilen. Eine Person erhält dann einen Zettel mit einem Namen oder einem Begriff, den nur die anderen Studierenden lesen können. In der Lehre eignet sich dabei oft eher „Was bin ich?“. Durch Fragen, die die Mitstudierenden nur mit ja oder nein beantworten dürfen, muss herausgefunden werden, wer oder was man ist.
- 4. Ich packe meinen Koffer
Dieses Spiel dient sowohl zur Wiederholung als auch zur Abfrage von Vorwissen und zur freien Assoziation. Die Studierenden können dabei Fachbegriffe zu bestimmten Themeneinheiten aber auch ihre Wünsche und Erwartungen „in den Koffer packen“. Durch das gemeinsame Sammeln von Begriffen kann das Thema bei den Studierenden noch einmal in Erinnerung gerufen werden und auch Sie als Lehrperson erhalten einen Überblick über den Lernstand.
#LSC-Fokus-Tipp 3: Placemat Activity
Sie wollen alle Studierenden aktiv mit einbeziehen? Dann eignet sich die Placemat Methode für kooperatives Lernen. Hier können und sollen alle Studierenden ihre individuellen Ideen einbringen und anschließend gemeinsam auf ein Ziel hin strukturieren. So geht's:
- Teilen Sie Ihre Studierenden in 2-5er Gruppen ein. Alle Gruppen sitzen um ein großes Blatt herum, auf welchem in der Mitte ein Viereck gezeichnet ist, von dessen Ecken jeweils eine Linie hin zu den Ecken des Blattes gezogen wird. Jedes Viertel des Blattes dient nun einer Person aus der Gruppe, um zu einer vorgegebenen Frage oder Problemstellung die eigenen Gedanken zu notieren. Anschließend wird das Blatt gedreht und die Studierenden können die Gedanken der anderen Personen lesen, kommentieren und ergänzen. Es ist auch möglich, für jeden Blattbereich eine eigene Frage zu entwerfen, so dass vier verschiedene Frage/Problemstellungen gleichzeitig und nach Drehung des Blattes von allen Studierenden der Gruppe bearbeitet werden können.
- Wenn das Blatt sich wieder in der Ausgangsposition befindet, kann die Gruppe über die Ergebnisse ins Gespräch kommen. Ziel ist es nun ein gemeinsames Ergebnis und die zentralen Punkte in der Mitte des Blattes festzuhalten.
- Die im Gemeinschaftsfeld aufgeschriebenen Gruppenergebnisse können anschließend im Plenum vorgestellt und mit den Studierenden der anderen Gruppen diskutiert werden.
Mehr zur Methode des Placemat erfahren Sie in der Methodenkartei der Uni Oldenburg.
#LSC-Fokus-Tipp 4: Peer Instruction
Sicher kennen Sie das auch: Sie lernen etwas Neues in einer Gruppe aber so ganz können Sie den Gedankengängen der Lehrperson nicht folgen. Erst durch ein Pausengespräch mit Ihren Mitlernenden macht es bei Ihnen Klick und das Gehörte fügt sich zu einem stimmigen Gesamtbild. Auch Studierenden hilft es manchmal mehr sich untereinander Fachinhalte zu vermitteln als wenn diese lediglich frontal durch die Lehrperson vermittelt werden.
Bei dem Ansatz der Peer Instruction setzen sich die Studierenden aktiv mit dem Lernstoff auseinander und können so Verständnisschwierigkeiten schnell aus dem Weg räumen. Nach einem kurzen Impulsreferat von Ihnen als Lehrperson, starten Sie eine Multiple-Choice-Abfrage, um so zu sehen wo Ihre Studierenden stehen. Diese können Sie z. B. über ein Audience-Response-System (z. B. PINGO), per Handzeichen oder online über die Umfragefunktion durchführen. Anschließend haben die Studierenden Zeit sich in kleinen Gruppen über das Ergebnis auszutauschen und sich so gegenseitig die möglichen Lösungswege zu erklären. Danach startet eine weitere Fragerunde. Die Ergebnisse der zweiten Runde fallen oft besser aus als die der ersten. Die Studierenden werden durch den Austausch dazu aktiviert, den Lerninhalt zu reflektieren, zu interpretieren und eine Verbindung zu Ihrem Vorwissen herzustellen.
Mehr Informationen erhalten Sie auf der Seite des Digitalen Freischwimmers.
Lehrenden-Service-Center, HTW Berlin.
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