Sport und Mode - Versportlichung der Gesellschaft (Kompakt/ Uni TÜ)
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Der sportliche Körper wird heute auch außerhalb des Sports als Symbol für Leistungsfähigkeit inszeniert. Das ist kein Zufall. So ist für die moderne Gesellschaft die Idee charakteristisch, dass die soziale Struktur vom Prinzip her nicht auf Besitz und Herkunft, sondern auf der individuellen Leistung beruht. Diese Idee ist in der öffentlichen Wahrnehmung auch heute noch – wie neuere soziologische Analysen zeigen – weit verbreitet, trotz aller offensichtlichen sozialen Ungleichheiten und Protektion (Hartmann).
Die Idee, dass die soziale und berufliche Positionierung (Auf- und Abstiege, Mobilität) vor allem nach individuellen Leistungen erfolgt und dass ein leistungsbezogene Verteilung die gerechteste sei, passt geradezu ideal zur Idee eines fairen und für alle Teilnehmer chancengleichen Leistungssports.
Die Analogie ist eine ganz einfache: Ein trainierter Körper belegt Disziplin und Bereitschaft zur Perfektionierung durch Übung. Der Spitzensport ist hierfür ein geradezu idealtypisches Exempel. So wie man keinen Wettkampf gewinnen kann, ohne hart zu trainieren, muss man sich in einer Gesellschaft, in der es keine Macht mehr a priori gibt, Macht und Einfluss hart erarbeiten und man muss ebenso hart arbeiten, um die Macht und den Einfluss auch zu halten. Leistungserbringung und Erfolg in beruflichen Kontexten ist in dieser Vorstellung also ein extrem dynamischer und an hartes Training gekoppelter Prozess.
Die körperliche Inszenierung dieser Bereitschaft zur Härte und absoluten Leistungserbringung außerhalb des Sports zeigt sich nicht nur im Umstand, dass in Managementkreisen der Bauch mittlerweile zum No-Go geworden ist. Manager trainieren heute, um ihre Leistungsfähigkeit auch körperlich auszudrücken. Viele Business-Coaches behaupten, dass man einem untrainierten Manager heute die Durchsetzungsfähigkeit nicht mehr abnehme.
Dieses Phänomen der Versportlichung der Körperinszenierung in einem sportfremden Gesellschaftsbereich spiegelt sich aber auch in der Entwicklung der Mode der Geschäftswelt wider. So ist es heute eben auch z.B. für den Banker wichtig, sportlich rüberzukommen. Dass der Anzug Seriosität ausdrückt, reicht in Zeiten, in denen Geldanlagen nicht mehr so gut langfristig geplant werden können, eben nicht mehr aus. Der Anzug muss auch Dynamik und die Fähigkeit zum schnellen Anpacken symbolisieren. Er muss zeigen, dass darin ein leistungsfähiger und disziplinierter Körper steckt.
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Ein wichtiger Grund für die Versportlichung der Mode ist aber auch die enge Kopplung von sportlichem Körper und sexueller Attraktivität in der Realität der Massenmedien und damit auch im öffentlichen Diskurs. Uns wird heute suggeriert, dass der trainierte Körper der sexuell anziehendste sei. Die Versportlichung der Kultur hat – so der Sportwissenschaftler Michael Krüger, heute den Sex erreicht. Damit ist gemeint, dass Spitzensportler, die noch in den 80er Jahren vor allem als Leistungsmaschinen dargestellt wurden, mittlerweile als Objekte sexueller Begierde präsentiert werden.
Diese Darstellung von Spitzensportlern ist im Grunde eine logische Konsequenz der Versportlichung von Sexualität. Denn vor dem Hintergrund einer Gleichsetzung von sexueller Attraktivität und durchtrainiertem Körper besitzen Spitzensportler in der Regel die größte Glaubwürdigkeit.
Dennoch ist diese Entwicklung insbesondere bei Männern ein eher neues Phänomen. Der Fußball ist ein gutes Beispiel hierfür. Lange Zeit reichte es aus, besser zu sein als die anderen, um Themen für Unterhaltungen und Berichterstattungen zu bieten und um Garant für Absatzsteigerungen in der Bier- oder der Versicherungsbranche zu sein. Die Inszenierung attraktiver Körper spielte hier keine große Rolle, weshalb es auch nicht verwundert, dass die Protagonisten des Fußballs noch vor nicht allzu langer Zeit nicht unbedingt als Schönheitsideale verkauf wurden.
Die Verbindung von Attraktivität und Sportlichkeit eröffnete männlichen Spitzensportlern aber ganz neue Möglichkeiten als Objekte geselliger Konversation in der massenmedialen Unterhaltung und vor allem auch als Werbeträger. Im Grunde würde ja ein x-beliebiger trainierter männlicher Körper reichen, um Rasierwasser oder Deo etc. zu bewerben. Ist es allerdings intendiert, dem beworbenen Produkt dynamische Attribute zu verleihen, eignen sich Sportler geradezu ideal, da sie in dieser Hinsicht über eine hohe Credibility verfügen und ihre Prominenz den gewünschten Imagetransfer besonders unterstützt.
Das öffentliche Interesse an den Athleten führt zu einer Neupositionierung ausgewählter Spitzensportler im sozialen Raum. So verlassen sie heute nicht selten ihre Rolle als reine Leistungserbringer; sie werden zuweilen gar zu Trendsettern, geben also selbst wieder Anregungen für Lebensstildifferenzierungs- und Individualisierungsprozesse in der heranwachsenden Bevölkerung.
Projektlaufzeit
Projektleitung
- Prof. Horst Fetzer (Projektleitung)
Kooperationspartner
- Eberhardt-Karls-Universität Tübingen
- IfS Institut für Sportwissenschaft
Homepage
http://www.wiso.uni-tuebingen.de/faecher/sportwissenschaft/institut.html