eg-Check Professuren
Der Gender Pay Gap bemisst den Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. Er wurde in Deutschland im Jahr 2015 laut Destatis-Angaben auf 21% geschätzt. In multivariaten Analysen wird er meistens mit Variablen erklärt, die das Individuum selbst betreffen (z.B. Teilzeit, Erwerbsunterbrechung auf Grund der Familie, Berufswahl, familiärer Hintergrund) sowie Variablen, die das Unternehmen charakterisieren, in dem das Individuum beschäftigt ist (z.B. Branche, Unternehmensgröße, Arbeitsmarktlage). Variablen, die strukturelle Bedingungen (z.B. Kinderbetreuungsmöglichkeiten) und ein diskriminierendes Umfeld (z.B. Gläserne Decke, Tokenism) erfassen können, sind naturgemäß nur in qualitativen Studien zu finden. In Holst/Wiemer (2010) werden solche Studien speziell zur Unterrepräsentanz von Frauen in Spitzenpositionen aufgelistet. Diese Autorinnen sind der Meinung, dass gerade in Spitzenpositionen, die mit einer Professur vergleichbar sind, nicht Verhaltens- und Persönlichkeitsunterschiede als Haupterklärung dienen könnten, sondern dass strukturelle und ideologische Barrieren die Hauptrolle spielten (ebd. S. 699).
Die W-Besoldung, die spätestens 2005 eingeführt wurde und nun seit zehn Jahren Bestand hat, ist unter diesem Blickwinkel ein interessantes Untersuchungsobjekt: Dort herrschen z.T. sehr transparente Antragsverfahren (besondere Leistungsbezüge), z.T. weniger transparente Verfahren (bei der Berufung). Die Hypothese von Holst/Wiemer, dass „unstandardisierte[…] und intransparente […] Rekrutierungspraktiken“ zur geringeren Repräsentanz von Frauen in Top-Positionen beitragen, kann damit direkt getestet werden. Auch Hellemacher (2011) stellt die Hypothese auf, dass neben Verhaltens- und Persönlichkeitsmerkmalen, die im Übrigen auch dieser Autor im Hinblick auf Professuren für irrelevant hält, strukturelle Faktoren für die Gender Pay Gaps in der W-Besoldung verantwortlich sein könnten. Gleichermaßen äußert Fuchs (2012) auf Basis einer älteren Studie von Si-mons/Hellemacher (2009) auch „Befürchtungen, dass mit dem Übergang zu Leistungsbestandteilen die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern wieder zunimmt“.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verpflichtet alle Arbeitgeber, Frauen und Männern das gleiche Entgelt bzw. die gleiche Besoldung für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit zu zahlen. Auf Initiative der Frauenbeauftragten hat die Hochschulleitung am 30.03.2016 beschlossen, an der HTW Berlin die Entgeltgleichheit für Frauen und Männer zu überprüfen. Damit wird ein im Gleichstellungskonzept 2016-2020 verankertes Ziel umgesetzt. Die Berechnung einer möglichen Besoldungslücke zwischen Professorinnen und Professoren war Teil des eg-check-Projekts, das seit September 2016 realisiert wurde.
Die zentrale Frage der Studie war: Gibt es in der W-Besoldung an der HTW einen Gender Pay Gap? Aufbauend auf Holst/Wiemer (2010) und Hellemacher (2011) wurden für diese Untersuchung die folgenden Hypothesen formuliert: 1) Bei den Berufungsleistungsbezügen und der Festsetzung der Ruhegehaltsfähigkeit dieser Besoldungskomponente verfügt die HTW über Verhandlungsspielraum. Dieser könnte sich zuungunsten von Frauen auswirken. 2) Zudem könnte eine ungleiche Gehaltsstruktur zwischen Frauen und Männern vor der Berufung dazu führen, dass Frauen mit einer anderen Zielgröße in die Berufungsverhandlungen gehen als Männer, so dass diese möglicherweise bestehende ungleiche Gehaltsstruktur indirekt in die W-Besoldung transferiert werden könnte. 3) Im Unterschied dazu folgt die Gewährung von besonderen Leistungsbezügen einem sehr transparenten Verfahren und sollte zu einem geringeren Gender Pay Gap führen.
Der Datensatz, der von der Personalstelle zur Verfügung gestellt wurde, sollte im Hinblick auf die folgenden drei Untersuchungsfragen analysiert werden:
# Gibt es Genderdifferenzen bei den verschiedenen Leistungsbezügen, d.h. dem sog. unbereinigten Gender Pay Gap?
# Wenn ja, sind diese Differenzen auf Merkmale wie Dienstjahre und Lebensalter sowie Fachbereichszugehörigkeit und Arbeitszeit zurückzuführen?
# Besteht nach Bereinigung des Gender Pay Gaps ein unerklärter Genderunterschied, der sogenannte bereinigte Gender Pay Gap?
Als statistisches Programm wurde EViews benutzt. Ausschließlich die genannten Zulagen bzw. Leistungsbezüge wurden analysiert, die Grundbesoldung sowie die Nebenverdienste hingegen fanden keine Berücksichtigung.
Projektlaufzeit
Projektleitung
- Prof. Dr. Camille Logeay (Projektleitung)
Mittelgeber
HTW Berlin