Berechnung des Export-Procurement-Indexes für komplexe Beschaffungsszenarien (EPI)
Der Export-Procurement-Index stellt den relativen Kostenvor- oder -nachteil eines exportierenden Lieferanten gegenüber einer Kostenbezugsbasis dar. Die Berechnung des relativen Kostenvorteils oder -nachteils erfolgt mit der Methode der Total Cost of Ownership (TOCO). Hierbei werden für eine echte und faire Vergleichbarkeit der Lieferanten alle Kostenarten, wie z.B. Fertigungskosten, Transportkosten, Zölle, Kosten für die Qualitätssicherung, Kosten für die Beschaffungsquellensuche, Kosten für die Bestellabwicklung, Kosten für die Lagerhaltung und Kapitalbindung während der Wiederbeschaffungszeit etc. berücksichtigt.
Die Komplexität der Berechnungen wird dadurch vergrößert, dass nicht nur die Kosten einzelner Lieferanten verglichen werden, sondern auch Nachfragenetzwerke (gebündelte Bedarfe mehrerer Werke des Auftraggebers) und Bezugsnetzwerke (aus Gründen der Versorgungssicherheit auf mehrere Lieferanten verteilte Liefermengen) berechnet werden sollen. Zudem müssen vor der Kostenberechnung zunächst zwei Kontrollinstanzen durchlaufen werden: Die erste prüft vorab, ob es bei der Fremdvergabe an einen exportierenden Lieferanten einen kritischen umsatz- oder gewinngefährdenden Know-how-Verlust geben könnte, z.B. durch die Übergabe von Zeichnungen, Stücklisten, Arbeitsplänen, Fertigungs-Know-how, Werkzeugen etc. (dies wäre ein generelles Ausschlusskriterium für die Fremdvergabe); und die zweite Kontrollinstanz prüft vorab, ob die wirtschaftlichen, politischen, sozialen, kulturellen etc. Bedingungen im Einkaufsland bzw. der Einkaufsregion geeignet sind, eine dauerhafte und verlässliche Geschäftsbeziehung aufzubauen (wenn nicht würde die Fremdvergabe für dieses Einkaufsland/ für diese Einkaufsregion generell ausgeschlossen).
Ziel des Projekts ist es, für diese Aufgabenstellung ein datenbank- und workflow-basiertes Werkzeug zur Unterstützung größerer Unternehmen bei der Auswahl der weltweit besten Lieferquelle zu entwickeln. Viele Unternehmen haben das Problem, dass ihr Wissen über die weltweit zu beschaffenden Teile, die Länder/ Regionen der Lieferanten und die Möglichkeiten der Lieferanten dezentral auf viele einzelne Mitarbeiter verteilt und oftmals nicht schriftlich dokumentiert ist. Die Unternehmen suchen nach einer Lösung, bei der alle Mitarbeiter im Berufsalltag innerhalb ihrer normalen Arbeitsprozesse „bewusst oder unbewusst gezwungen“ werden, ihr Wissen (Beauftragungen, Angebote, Auditierungen, Reklamationen, Marktanteile, Messeinformationen etc.) in einer Datenbank systematisch zu dokumentieren. Danach müssen alle befugten Mitarbeiter ebenso „bewusst oder unbewusst gezwungen“ werden, vor der Vergabe von Aufträgen auf das Wissen in dieser Datenbank zuzugreifen. Damit wird eine Art globales, selbstlernendes System über Teile, Länder und Lieferanten sowie deren Standorte geschaffen.
Mittlerweile wurden zu diesem Thema mehrere Abschlussarbeiten erstellt. Die Struktur der Datenbank liegt als Entity-Relationship-Modell vor. Testdaten für einige Länder sowie für mehrere Lieferanten eines Beispiel-Warenkorbes sind weitestgehend vorhanden. Der grobe Ablauf der Kostenberechnung, die Formeln für die Berechnung der einzelnen Kostenarten sowie die Dateneingabe-/ Datenausgabeformen sind beschrieben worden.
Eine Wirtschaftsmathematikerin konzipiert ein ganzheitliches mathematisches Lösungsmodell, das die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Kostenartenberechnungen abbildet. Anschließend werden Wirtschaftsinformatiker die Datenbank, das mathematische Lösungsmodell und die beiden o.g. Workflows als Prototyp programmieren. Danach soll der Prototyp in der Industrie getestet und ggf. angepasst sowie abschließend das Produkt vermarktet werden.
Projektlaufzeit
Projektleitung
- Prof. Dr.-Ing. Martin Pohlmann (Projektleitung)
Kooperationspartner
- Siemens AGGEA Grasso GmbH