Nachhaltige lokale Entwicklung durch innovative Mobilitäts- und Energieversorgung am Beispiel Wasserwege und Fischfang in der Nariño-Region (Kolumbien) (InnoPiangua)
Mit dem Friedensprozess in Kolumbien entstehen neue Möglichkeiten der Entwicklung ländlicher Regionen, die bislang von einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung weitgehend abgekoppelt waren. Für diese Regionen ist der Zugang zu wirtschaftlicher und interregionaler Mobilität, sowie zu Energie eine Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung, um somit neue Märkte zu erschließen und die ländliche Entwicklung zu fördern. Allerdings steigt mit klassischen Infrastrukturmaßnahmen wie dem Bau von Straßen oder der intensiveren Wasserschifffahrt mit konventionellen, emissionsintensiven Motoren das Risiko der Zerstörung fragiler Ökosysteme und somit der Verlust einzigartiger Biodiversität in den Mangrovenwäldern Kolumbiens. Dies würde zugleich die Zerstörung der natürlichen Grundlagen regionaler wirtschaftlicher Entwicklung bedeuten.
Im Projekt wird als Pilotanwendung die Fischerei von Herzmuscheln (Piangua-Muscheln) in der Nariñoregion betrachtet, die dort eine wesentliche Grundlage wirtschaftlicher Entwicklung darstellt. Herzmuscheln wachsen in Mangrovenwäldern, die neben der direkten wirtschaftlichen Funktion zugleich dem Küstenschutz sowie dem Klimaschutz dienen, denn sie schützen besser vor steigenden Meeresspiegel und Extremwetterereignissen, sie speichern bis zu 40 Prozent mehr Kohlendioxid als herkömmliche Wälder, und bilden die Heimat für eine herausragende Artenvielfalt. Doch bedrohen Raubbau (z.B.: Holzeinschlag) und die durch die Verwendung von konventionellen Dieselmotoren bedingte Wasserverschmutzung den Fortbestand der Mangroven im südamerikanischen Raum.
Grundsätzlich zielt das Projekt darauf ab, die Entwicklung der nautischen Elektromobilität als eine vorteilhafte Alternative zum konventionellen nautischen Transport in Kolumbien zu testen, eine Wissensbasis für skalierbare integrierte Versorgungslösungen für eine nachhaltige Fischerei zu etablieren und Vorschläge für geeignete Governance-Maßnahmen zu deren Umsetzung zu entwickeln. Zwar existieren bereits Ideen, wie bspw. der Einsatz der Elektromobilität genutzt werden kann, um den Transportsektor nachhaltig und umweltschonend zu gestalten, allerdings fehlt es bislang sowohl an sozioökonomischen Daten zur Muschelfischerei als auch an konkreten Projekterfahrungen und damit auch an Wissen für die politischen Entscheidungsträger vor Ort.
Zur Entwicklung geeigneter Governance-Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen, sich selbst tragende Entwicklung in den Küstenregionen zu ermöglichen, soll auf einer bestehenden Zusammenarbeit zwischen den Clustern deutschen und kolumbianischer Wissenschaftler und Praktiker aufgesetzt werden, in der die Idee einer nachhaltigen Transportinfrastruktur im Grundsatz entwickelt wurde.
Die Zielsetzung des Projektes ist somit zweiteilig. Erstens soll im Rahmen des Projekts ein konkreter Ansatz zur Integration sozioökonomischer Traditionen mit innovativen Technologien entwickelt und – auch im Hinblick auf Akzeptanz – im lokalen Kontext an einem Pilotprojekt erprobt werden. Konkret soll der Einsatz von elektrischen Bootsmotoren bei der Muschelfischerei getestet werden. Zudem wird die Pilotregion mit klimaneutralen Ladekapazitäten versehen, die gleichzeitig die Versorgung der betroffenen Dörfer mit nachhaltiger Energie sicherstellt. Die Finanzierung ist notwendig, um die Projektidee weiter zu konkretisieren und in die Phase der praktischen Erprobung zu bringen. Es sollen gleichzeitig wissenschaftlich neue Möglichkeiten zur Datengewinnung, -analyse und -aufbereitung entwickelt werden.
Zweitens soll die beantragte Forschungsförderung durch das BMBF es ermöglichen, ein deutsch-kolumbianisches Netzwerk von Wissenschaftlern, KMU und NGO zu etablieren und das vorhandene Cluster zu festigen und vertiefen. Das Projektdesign soll gemeinsam entwickelt, der Prototyp praktisch getestet und die Umsetzungsbedingungen einer nachhaltigen nautischen Mobilität in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht wissenschaftlich-analytisch begleitet werden. Das zugrundeliegende Ziel ist hier der wechselseitige Lernprozess sowohl zwischen den Ländern als auch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, womit zugleich wirtschaftliche Entwicklungs- und Wertschöpfungspotenziale in beiden Ländern gehoben werden können, und das weit über die Überprüfung wissenschaftlicher Theorien hinausgeht. Hierfür soll ein Folgeprojekt entwickelt werden.
Das Projekt umfasst über 18 Monate fünf internationale Workshops und gemeinsame Forschungsaktivitäten rund um das konkrete Pilotprojekt. Eine ausführliche Beschreibung der Arbeitspakete befindet sich im Anhang. Das Projektmanagement und eine gemeinsame Kommunikationsstrategie bilden das Fundament für die kohärente Zusammenarbeit im Cluster Zentrales Element des Projekts sind die Prototypen- und Pilotprojekt-Aktivitäten mit Fokus auf nautische Elektromobilität in der Narino-Region. Die begleitende ökonomische, soziale und ökologische Datenerfassung und Impact-Analyse soll die Wirkungen der Pilot-Innovationen im lokalen Kontext und auch den potenziellen Beitrag integrierter Mobilitäts- und Energielösungen zu den Klimazielen der beiden Länder ermitteln. Damit soll eine dauerhafte Wissensbasis für innovative Wertschöpfungs- und Politikstrategien in der kolumbianischen Post-Konflikt-Gesellschaft aufgebaut werden, die für nachhaltige Entwicklung auch in anderen, vergleichbaren Regionen genutzt werden kann.
Das Projekt zielt darauf, neue Erkenntnisse über die Bedingungen, Wirkungen und Potenziale der Einführung innovativer Technologien in komplexen soziokulturellen und sozioökonomischen Kontexten zu generieren. Im Mittelpunkt steht das Pilotprojekt; ein signifikanter Teil des Projektes wird sich darüber hinaus mit der Analyse und Identifikation skalierbarer Lösungen im Fischereisektor sowie mit der Übertragbarkeit auf andere Wassertransportbedarfe befassen, beispielsweise im Bereich des Ökotourismus sowie des Waren- und Personentransports in Regionen mit vorherrschend wassergestützter Mobilität. Ergänzend werden wissenschaftliche Beiträge verfasst und publiziert. Die Workshops dienen der Vernetzung, dem Monitoring bzw. der kontinuierlichen Überprüfung des Projektverlaufs und wird neben den Projektpartnern auch externe Stakeholder aus dem öffentlichen und wirtschaftlichen Bereich einbeziehen.
Die beantragten Mittel dienen der Finanzierung der Vor-Ort-Workshops und der Pilotierung mit dem Ziel der Vernetzung sowie der inhaltlichen Konkretisierung eines Projektantrags im Rahmen des BMBF-Programms Client II. Der Fokus von Client II besteht in der angewandten Forschung und Entwicklung, welcher die Strukturen und Netzwerkverbindungen zwischen den Clustern stärken und unterstützen würde. Zudem wird hierbei explizit der private Sektor unterstützt, um somit neue Märkte in Kolumbien, Deutschland und anderen Regionen zu erschließen, wobei das aktuelle Projekt als Basis für die Möglichkeiten der bestehenden und entstehenden Innovationen und dessen Einflüsse steht. Hierbei werden lokales Wissen der Fischer, bestehende Know-how aus Deutschland und neue Erkenntnisse durch Forschung und Entwicklung sich ineinander vermischen und somit die Wettbewerbsfähigkeit der Partner stärken und innovative Lösungen bereitstellen.
Projektlaufzeit
Projektleitung
- Prof. Dr. Barbara Praetorius (Projektleitung)
Projektmitarbeiter_innen
- Stefan Sorge (Projektmitarbeiter_in)
Mittelgeber
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Kooperationspartner
- Universidad de los Andes, Bogotá, Kolumbien
Förderprogramme
Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit Kolumbien