Alternative Fleischprodukte im Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels
Bevölkerungswachstum, Klimawandel und unzureichende Nahrungsversorgung sind die großen Themen unserer Zeit. Laut Prognosen der Vereinten Nationen wird die Weltbevölkerung von 7,7 Milliarden Menschen im Jahr 2019 auf etwa 9,7 Milliarden Menschen im Jahr 2050 ansteigen (Vollset et al., 2020). Mit diesem enormen Wachstum stellt sich die Herausforderung, die weltweite Nahrungsversorgung der Bevölkerung bei gleichzeitiger Berücksichtigung der zunehmenden Umweltbelastung zu gewährleisten. Mit 26 % erzeugt die Lebensmittelindustrie (Poore/Nemecek 2018) einen großen Anteil der weltweiten Treibhausgase, wobei die Mehrheit mit 70 % durch die Nutztierhaltung entsteht (Wirsam 2020). Zudem nimmt die Nutztierhaltung und der damit verbundene Futtermittelanbau durch Überdüngung, extremen Wasserverbrauch, Abholzung des Regenwaldes und Versauerung der Böden weitere verheerende Eingriffe in die Umwelt vor (Wirsam 2020).
Um das weitere Voranschreiten dieser Umweltbelastung zu hemmen, ist ein Umdenken hinsichtlich des weltweiten Ernährungsverhaltens erforderlich. Aus diesem Grund werden in Wissenschaft und Praxis vermehrt Alternativen für eine pflanzenbasierte bzw. fleischreduzierte Ernährung diskutiert. Neben der weitaus geringeren Belastung der Umwelt, tritt auch der Gesundheitsaspekt für den Menschen in den Vordergrund, so dass der zunehmende Fokus der Gesellschaft auf Nachhaltigkeit, Gesundheit und bewussten Konsum berücksichtigt wird.
So ermöglichen es moderne und disruptive Technologien, Fleischalternativen auf verschiedenste Weise herzustellen und damit dem traditionellen Fleischkonsum entgegenzutreten. Mit Alternativen aus Soja, Erbsen, Lupinen, Hanf oder Raps kann bereits heute eine Vielzahl von Fleischprodukten in Geschmack, Aussehen, Geruch und Konsistenz imitiert werden. Aber auch Algen und Insekten bieten eine geeignete Alternative um tierisches Protein als bisherigen Bestandteil der menschlichen Ernährung zu ersetzen. Eine weitere Möglichkeit stellt das Kultivieren von Fleisch im Labor aus tierischen und pflanzlichen Bestandteilen dar. Das sogenannte „Hybridfleisch“ oder „In-Vitro-Fleisch“ macht die traditionelle Massentierhaltung überflüssig und eröffnet zukünftig zusammen mit dem 3D-Druck von Fleischersatzprodukten eine umweltfreundlichere Alternative zum traditionellen Fleisch. Auf der Herstellerseite haben bereits einige der etablierten Unternehmen und Startups den Trend hin zu einer pflanzenbasierten beziehungsweise fleischreduzierten Ernährung genutzt und entsprechende Produkte auf den Markt gebracht.
Auch der Lebensmitteleinzelhandel hat diesen Trend erkannt und erweitert das Sortiment zunehmend um alternative Fleischprodukte. Mit der bedarfsorientierten Sortimentsgestaltung übt der Lebensmitteleinzelhandel nämlich nicht nur Einfluss auf das Kaufverhalten und die -gewohnheiten der Kundschaft aus, sondern kann sich durch die gezielte Positionierung eigener Handelsmarken in dem Segment der alternativen Fleischprodukte auch nicht uninteressante Wachstums- und Profilierungschancen sichern. Demgegenüber ist jedoch auf Herstellerseite zu prüfen, welche Verteidigungsstrategien etablierte Fleischanbieter gegebenenfalls ergreifen können oder sogar müssen, um sich diesem Trend zu stellen und weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.
Projektlaufzeit
Projektleitung
- Prof. Dr. Annett Wolf (Projektleitung)